Jahressteuergesetz 2024 mit umfangreichen Neuregelungen

Der Bundesrat hat am 22. November 2024 dem Jahressteuergesetz (JStG) 2024 zugestimmt. Nachfolgend werden wichtige Neuregelungen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer vorgestellt.

13. Januar 2025
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Doch vorab: Die geplante Erweiterung der bisherigen Pauschalbesteuerungsvorschriften um die Möglichkeit zur Nutzung moderner Fortbewegungsmöglichkeiten wie E-Scooter oder Sharing-Angebote wurde nicht umgesetzt.

Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)

Die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister wurde von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht. Durch die Änderung soll weiter klargestellt werden, dass auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten (aber ohne Wohneinheiten) Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind.

Die Neuregelung gilt für Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

E-Bilanz

Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen (E-Bilanz, § 5b EStG) erstreckt sich nun auf die zugrunde liegenden Kontennachweise, das Anlagenverzeichnis sowie die Verzeichnisse nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG und § 5a Abs. 4 EStG.

Die Übermittlungsverpflichtung für den Anlagenspiegel, die sich bislang zum Teil aus handelsrechtlichen Regelungen ergibt, wird jetzt ausdrücklich in § 5b Abs. 1 EStG geregelt. Jede für steuerliche Zwecke zu erstellende Bilanz ist ebenfalls von der Übermittlungspflicht umfasst. Das gilt auch für den Anhang, den Lagebericht, den Prüfungsbericht und die Verzeichnisse nach den oben genannten Paragrafen des EStG.

Die Anwendung der Übermittlungspflicht der Kontennachweise gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2024 beginnen. Die weiteren neuen Übermittlungspflichten finden erst für Wirtschaftsjahre Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2027 beginnen.

Beteiligungsidentische Personengesellschaften: Buchwertübertragung

§ 6 Abs. 5 EStG ermöglicht unter den dort genannten Voraussetzungen eine steuerneutrale Überführung beziehungsweise Übertragung von Wirtschaftsgütern. Etwaige stille Reserven werden somit nicht aufgedeckt.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass § 6 Abs. 5 S. 3 EStG mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, soweit beteiligungsidentische Personengesellschaften von Übertragungen von Wirtschaftsgütern zum Buchwert ausgeschlossen werden. Dies wurde nun durch die Neuregelung in § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG ermöglicht und die Anwendung gilt rückwirkend für alle offenen Fälle.

Allerdings kann auf gemeinsamen Antrag der Mitunternehmer zum Zeitpunkt der Übertragung aus Vertrauensschutzgründen für Übertragungen vor dem 12. Januar 2024 von einer Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG abgesehen werden (§ 52 Abs. 12 EStG).

Bonusleistungen der gesetzlichen Krankenkassen

Die von einer gesetzlichen Krankenkasse auf Basis von § 65a SGB V gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten kann eine die Sonderausgaben mindernde Beitragserstattung darstellen. Hierzu hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 16. Dezember 2021 eine Vereinfachung geschaffen:

  • Bonusleistungen bis zur Höhe von 150 Euro pro versicherte Person stellen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dar und mindern die Sonderausgaben nicht.

Ursprünglich wurde diese Regelung bis Ende 2023 befristet und dann für bis zum 31. Dezember 2024 geleistete Zahlungen verlängert. Jetzt wurde die Vereinfachungsregelung ab 2025 gesetzlich verstetigt.

Kinderbetreuungskosten

Kinderbetreuungskosten können nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sein.
Folgende Aspekte sind hier zu beachten:

  • Abzug von 2/3 der Betreuungsleistungen, maximal 4.000 Euro/Jahr (wirksam damit 6.000 Euro).
  • Der Abzug ist zulässig für haushaltszugehörige Kinder unter 14 Jahren (oder Behinderung, Eintritt vor dem 25. Lebensjahr, Übergangsregel 27. Lebensjahr).
  • Grundsätzlich erforderlich: Rechnung und Überweisung.
  • Nicht abziehbar: Kosten für Sachleistungen und die Vermittlung besonderer Fähigkeiten wie beispielsweise Musik-, Sprach- oder Sportunterricht.

Ab 2025 wird die Abzugsmöglichkeit von 2/3 der Aufwendungen auf 80 Prozent der Aufwendungen und der Höchstbetrag von 4.000 Euro je Kind auf 4.800 Euro je Kind erhöht.

Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften

Verluste aus Termingeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und solchen aus Stillhalterprämien, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ausgeglichen und verrechnet werden. Darüber hinaus sind der Verlustausgleich und die Verlustverrechnung auch der Höhe nach auf jährlich 20.000 Euro beschränkt.

Nicht ausgeglichene Verluste sind in die Folgejahre vorzutragen und dort jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Einkünften aus Stillhalterprämien zu verrechnen. Bitte beachten Sie, dass der Bundesfinanzhof diese Regelung (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG) für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar hält.

Mit der Streichung des gesonderten Verlustverrechnungskreises für Termingeschäfte und der betragsmäßigen Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten aus Forderungsausfällen soll dem Vereinfachungsaspekt der Abgeltungsteuer wieder mehr Bedeutung zukommen. Gleichzeitig soll den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesfinanzhofs Rechnung getragen werden. Die Anwendung gilt grundsätzlich in allen offenen Fällen.

Private Veräußerungsgeschäfte

Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Besteuerung (§ 23 EStG). Ausgenommen sind aber Wirtschaftsgüter, die …

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Der Bundesfinanzhof hatte entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung Folgendes entschieden: Derjenige, der als Beteiligter einer Erbengemeinschaft einen Erbanteil an einer Erbmasse erwirbt, zu der auch ein Grundstück gehört, das er nachfolgend innerhalb von zehn Jahren veräußert, löst keinen Vorgang nach § 23 EStG aus.

Als Reaktion auf das Urteil des Bundesfinanzhofs wird im entsprechenden Paragrafen eine steuerzahlerunfreundliche Anpassung vorgenommen. Hier werden die Wörter »oder Gesamthandsvermögen« ergänzt. Die Regelung greift in allen offenen Fällen.

Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 S. 12 EStG)

Ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen bei Zahlung von Geldzuwendungen wird künftig nur durch Banküberweisung anerkannt. Bislang wurden auch andere Zahlungswege wie beispielsweise die Mitnahme von Bargeld bei Familienheimfahrten zugelassen.

Nachweiserleichterungen können nach allgemeinen Billigkeitsgrundsätzen bei Vorliegen besonderer Verhältnisse (beispielsweise im Fall eines Krieges) im Wohnsitzstaat der unterhaltenen Person aufgrund einer darauf beruhenden Verwaltungsregelung gewährt werden. Diese Regelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2025.

Haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen

Voraussetzung für alle Steuerermäßigungen nach § 35a EStG ist der Erhalt einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ging dies aus dem bisherigen Wortlaut des § 35a Abs. 5 S. 3 EStG im Hinblick auf Pflege- und Betreuungsleistungen nicht eindeutig hervor. Die Anwendung gilt ebenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 2025.

Reform der Kleinunternehmerregelung

Im neuen § 19 Abs. 1 UStG werden von inländischen Kleinunternehmern bewirkte Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Es wird also eine echte Steuerbefreiung eingeführt (bislang wird bei Kleinunternehmern die Umsatzsteuer »nicht erhoben«).

Die Voraussetzung für die Befreiung ist, dass Umsatzgrenzen eingehalten werden. Diese werden von 22.000 Euro im vorangegangenen Jahr auf 25.000 Euro und im laufenden Jahr von 50.000 Euro auf 100.000 Euro angehoben. Bei Überschreiten der 100.000 Euro-Grenze soll es zu einem unterjährigen Wegfall der Kleinunternehmerregelung kommen!

Nimmt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auf, ist § 19 Abs. 1 S. 1 UStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr den Betrag von 25.000 Euro nicht überschreitet. Bereits der Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, unterliegt der Regelbesteuerung. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze sind steuerfrei.

Außerdem ist die Verzichtserklärung neu befristet worden (bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs).

Nach dem JStG 2024 müssen umsatzsteuerliche Kleinunternehmer (auch über die Übergangsregelung nach § 27 Abs. 38 UStG hinaus) keine elektronischen Rechnungen
(E-Rechnungen) ausstellen. Zum Empfang von E-Rechnungen müssen sie allerdings in der Lage sein.

Neben vielen Anpassungen am bisherigen System kann die Kleinunternehmerregelung auch erstmalig im EU-Ausland in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzungen hierfür regelt § 19a UStG »Besonderes Meldeverfahren für die Anwendung der Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat.«

Die Reform der Kleinunternehmerregelung findet ab Januar 2025 Anwendung.

Änderungen beim Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs (§ 15 Abs. 1 UStG)

Unterliegt der Leistungserbringer der Ist-Besteuerung, kann der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug erst dann und insoweit geltend machen, als er eine Zahlung auf eine an ihn ausgeführte Leistung erbracht hat.

Zum Hintergrund: Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) berechnet. Unter gewissen Voraussetzungen kann die Umsatzsteuer aber antragsgemäß auch nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) berechnet werden, sodass ein Liquiditätsvorteil möglich ist. Die Neuregelung wird jedoch erstmals auf Rechnungen anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2027 ausgestellt werden.

Quelle: Jahressteuergesetz 2024, BT-Drs. 20/13419 vom 16.10.2024